Als Marketingverantwortlicher ziehe ich für die strategische Planung ein bestimmtes Set an Studien, Datenbanken und „Meinungsmacher“ heran, um dessen Ergebnisse, Auswertungen, Trends und eben Meinungen mit meiner Strategie zu vergleichen und ggf. sogar daran auszurichten. Hier kommt es natürlich auf das Renommee der Informationsquelle an.
Mein Set an Info-Quellen stelle ich in regelmäßigen Abständen auf den Prüfstand und recherchiere nach weiteren Quellen – oder stoße beim Lesen von Fachartikel darauf.
In diesem Fall bin ich auf den Deutschen Markenmonitor (2019/2020) aufmerksam geworden – zufällig – ich hatte mich eigentlich für den „german Brand award“ interessiert. Und dies sind u.a. Herausgeber dieser Studie.
Hier mein Review zu diesem „Markenmonitor“.
Studiendesign und Renommee der herausgeber
Der „Deutsche Markenmonitor 2019/2020“ wird vom Rat für Formgebung und der GMK Markenberatung herausgegeben. Die beiden Herausgeber sind auch Gründer des „German Brand Instituts“ und Veranstalter des „German Brand Awards“.
Rat für Formgebung
Auf der Website des Rats für Formgebung fasst er sich selber wie folgt zusammen:
Initiiert vom Deutschen Bundestag, gestiftet von der deutschen Industrie, gefördert von seinen Kooperationspartnern: Seit 1953 trägt der Rat für Formgebung dazu bei, Design als Wirtschaftsfaktor zu stärken und Deutschland zu einer erfolgreichen Designnation zu machen.
Rat für Formgebung
Der Rat veranstaltet Awards, bietet Förderungen für Design und Nachwuchs in diesem Segment. Darüber hinaus bietet er Markenberatung und Wissen an.
Eine Lektüre der Website www.german-design-council.de ist sicherlich interessant.
GMK Markenberatung
Die GMK Markenberatung betitelt sich selber als „eine der führenden Markenberatungen im deutschsprachigen Raum“.
Hier werde ich ein bisschen verhalten, was die Unabhängigkeit der Studie anbelangt: Eine Unternehmensberatung, die selber Markenberatung anbietet, erstellt eine Studie über Marken und organisiert den German Brand Award. Aus meiner Zeit als Agenturinhaber und Gesellschafter in weiteren Düsseldorfer Agenturen waren ähnliche Projekte vor allem darauf ausgelegt Akquisition neuer Kunden zu betreiben und vor allem die eigenen Leistungen anzubieten.
Bei der Durchsicht des Markenmonitors wird meine Befürchtung dadurch verstärkt, dass an prominenten Stellen auf die Herausgeber der Studie verwiesen wird, die einen gerne Beraten und rufen zum Kontakt auf.
Auch sind die Studienergebnisse recht oberflächlich dargestellt und echte Einblicke und Empfehlungen gibt es nicht.
Methodik und Stichprobenbeschreibung
- Die Themen des Markenmonitors sind der „Status quo, Trends und Herausforderungen der Markenführung.
- Erschienen ist die Studie im Juni 2019 und wird wohl alle zwei Jahre neu erhoben.
- Die Stichprobe besteht aus 287 Führungskräften und Markenverantwortlichen deutscher und internationaler Unternehmen mit Niederlassung in Deutschland.
- Die Methodik ist eine Online-Befragung.
- Erhebnungszeitraum war hier der 29.10.2018 bis 15.01.2019
Leider erfährt man nicht, um welche Marken oder Unternehmen es sich handelt, die bei dem Monitor mitgemacht haben.
Es wird nur sehr grob in einem Satz beschrieben: “Der Jahresumsatz der an der Studie beteiligten Unternehmen reicht von unter 10 Millionen Euro bis über 5 Milliarden Euro”. Aber ob die Verteilung gleichmäßig ist, wird nicht erwähnt. Sind es 286 Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 1 Millionen Euro und eins mit 5 Milliarden? Oder umgekehrt? Sind die Marken bekannt und etabliert? Sind es Startups oder Traditionsunternehmen? All das wird nicht beschrieben.
Preis und Bezugsquelle
Der Preis liegt bei 89,–€ inklusive Mwst. und Versandt.
Bestellt kann der Deutsche Markenmonitor online über die eigene Website: www.deutscher-markenmonitor.de
Management Summary
Aus meiner Sicht ist die Management Summary eigentlich schon der Inhalt der gesamten Studie. Hier erfährt man die recht oberflächlichen Ergebnisse aus den „Keyfacts“, die sich wie folgt aufteilen:
- Unternehmenserfolg
- Digitaler Wandel
- Image
- Positionierung
- Interne Führung
- Arbeitgebermarke
- Marke versus Werbung
- Personelle Ressourcen
- Kundenservice
- Marketingabteilung
- Markenziele
- Digitale Kontaktpunkte
Hier werden jeweils 1-2 Ergebnisse aus der Befragung aufgegriffen und zusammengefasst. Hier die Zusammenfassung zum Keyfact „Markenziele“:
In mehr als einem Drittel der Unternehmen fehlen definierte Markenziele.
34 Prozent der Befragten Experten geben an, dass sie keine definierten Markenziele haben – obwohl über 70 Prozent derjenigen, die keine Markenziele definiert haben, dies als sinnvoll erachten.
Deutscher Markenmonitor 2019/2020
Es folgen auf insgesamt einer Doppelseite sehr kurz gehaltene Handlungsempfehlungen:
- Markenbewußtsein und -wissen aufbauen
- Marke in klare Handlungsempfehlungen übersetzen
- Marke anhand der gesamten Erlebniskette harmonisieren
- Mitarbeiter zu Markenbotschaftern machen
- Marke als differenzierte Arbeitgebermarke entwickeln
- Markenführung und Markenarchitektur digital denken
- Marke als Motor für Innovation begreifen
- Marke schützen – besonders im digitalen Raum
Jede der Handlungsempfehlungen ist richtig und wichtig. Nur fehlt mehr Tiefgang. Daher bieten sich die Autoren auch für weitere Fragen als Berater an – sicher für ein nicht unerhebliches Honorar.
Aufschlüsselung der Ergebnisse
Auf den folgenden Seiten werden vor allem die Texte aus den oben beschriebenen vier Seiten wiederholt und grafisch hübsch mit wenigen, große Zahlen und stilisierten Diagrammen aufgebläht.
Fazit
Ich bin ehrlich gesagt etwas enttäuscht von dem Deutschen Markenmonitor 2019/2020. Das Heft mit insgesamt 76 Seiten ist schön im Flat-Design gestaltet und kommt somit völlig ohne Fotos aus.
Es ist zwar interessant zu wissen, was 287 Markenverantwortliche über Ihre Marke denken – was das für Marken sind und ob und wie etabliert sie sind, bleibt ein Geheimnis. Ich vermute, dass die Teilnehmer die Mitgliedsunternehmen des Rats für Formgebung sind – denn die haben zufällig 300 Mitgliedsunternehmen.
Im Prinzip würden die vier Seiten am Anfang “Management Summary” und “Handlungsempfehlungen” reichen. Im weiteren Verlauf der Studie werden die Sätze eins zu eins wiederholt und mit ein paar Zahlen und Diagrammen unterstützt.
Die Handlungsempfehlungen kratzen sehr an der Oberfläche und lassen großen Interpretationsspielraum.
Ich habe den Deutschen Markenmonitor bestellt, der der Untertitel verheißungsvoll klingt: “Entscheiderstudie zu Trends und Erfolgsfaktoren der Markenführung”. Hier hatte ich mehr Tiefgang und mehr Praxis erwartet.
Es war interessant mal durch die Seiten zu blättern und zu sehen, was andere Unternehmen über ihre Marke denken. Leider weiß man nicht welche. Die Handlungsempfehlungen sind bestenfalls eine kleine Anregung, sich mehr mit dem Thema zu beschäftigen. Ein “Aha-Effekt” blieb zumindest bei mir aus.
Ich werde mir den Markenmonitor nicht erneut kaufen und er kommt nicht in mein relevant Set der Marketingstudien.